3 Zeven bis Gyhum 12 km

 Wandern in Norddeutschland ist doch schon sehr speziell. Gerade im März tröpfelt es oft von oben. Aber wir sagen uns, solange das Wasser nicht von unten kommt ist alles gut.

Bis hinter Brümmerhof verlaufen die Via Romea und die Via Baltica noch auf der selben Strecke.

Hier im Norden gibt es leider nicht genügend Feld- und Wiesenwege, um einen kompletten Weg vom Norden in den Süden auszuschildern.
 Deshalb haben wir häufig die Teerstraße unter den Füßen, für Radfahrer ist das allerdings praktisch.
 Sollten wir doch mal Feldwege finden, ist es umso erfreulicher, diese Etappe geht etwa zur Hälfte auf ungeteerten bzw. ungeteerten Wegen.
 Die Via Baltica hat wie alle Jakobswege in Spanien gelbe Pfeile, die schon von weitem gut zu sehen sind.
 Hier laufen wir auf die Gabelung zu, an der sich die Via Baltica und die Via Romea trennen.
 Damit man nicht ständig auf sein Navigationsgerät oder die Karte schauen muß - bei Dauerregen geht das ja auch gar nicht - haben wir den Abzweig noch mal goß und deutlich kenntlich gemacht. Allerdings sind heute die Bäume nass, es ist fraglich, ob die Farbe hält.
Und ab hier packen wir unsere Farbe auch wieder ein, denn für diese Strecke sind wir nicht verantwortlich.


Dafür, daß die Via Romea erst seit zwei Jahren ausgeschildert ist, gibt es schon recht viele Hinweisschilder, aber wir freuen uns über mein Navigationsgerät, welches uns an mindestens einer Kreuzung den richtigen Weg weist. Ich wäre sonst in die entgegengesetzte Richtung gelaufen. 



Die Rompilger haben die Möglichkeit im Minihotel in Gyhum zu übernachten, so steht es auch in der Wegbeschreibung.

4 Gyhum bis Scheeßel 20 km

Wir haben heute keine Fotos auf der Kamera, denn diese hat gestreikt. Es hat fast die ganze Zeit geregnet und es war kalt. Die Wegstrecke war nur spärlich ausgeschildert. Mein Navigationsgerät hat ganze Dienste geleistet und zwei Kilometer vor dem Ziel waren die Batterien leer. Wir haben einige klägliche Versuche gemacht, die Strecke ein wenig besser zu markieren, aber dann doch leider feststellen müssen, daß es unmöglich ist, wenn alles nur noch schwimmt, unsere deutsch-dänischer Truppe ist allerdings schon abgehärtet genug. Der Regen macht uns nichts mehr aus. Ganz im Gegenteil, denn die Wiesen- und Sandwege sind schön weich und die Füße haben keinerlei Beschwerden.

Morgen geht es weiter nach Bellen, hoffentlich gibt es dort einen Gastronomiebetrieb mit heißem Kaffee, denn den können wir gut gebrauchen.

5 Scheeßel bis Brockel 17,2 km

 Jetzt, Ende März ist es noch ziemlich kalt im flachen Land. Wir hatten so ca. 10 Grad, Dauerregen und Wind. Die angegebenen 13 Kilometer im Buch sind eine völlige Fehlinformation, ein Dorf zuvor waren es schon 17,2 Kilometer.

Wir kreuzen an etlichen Stellen die Nordpfade, es ist doch sehr auffällig, der Landkreis unternimmt jede Menge Anstrengungen, um die Bevölkerung raus an die frische Luft zu bringen. Bis auf die Via Romea sind die Strecken bestens ausgeschildert, nur uns Weitwanderer schickt man im Kreis und im Zickzack, allerdings um die Landstrasse zu umgehen. Die Zickzackwege sind uns um einiges lieber als die Landstrasse, auch wenn Autofahrer ganze 7 Kilometer sparen, wenn sie fahren.

Dafür können wir die ersten Ausläufer der Heidelandschaft genießen, auch wenn sie um diese Jahreszeit natürlich nicht blüht. Wir überlegen ernsthaft,  eine Etappe ausfallen zu lassen und auf die Blütezeit der Heide zu verschieben, aber das gehört sich natürlich nicht für uns - Schummeln kommt nicht in Frage!

Trotz Regen, Wind und Kälte haben wir diese Etappe sehr genossen, über das Großsteingrab müssen wir allerdings noch mal eine Forschungsreise durch das Internet und die Bibliotheken starten.

Momentan ist die Via Romea noch recht spärlich ausgeschildert, das ist normal für einen so jungen Weg, obwohl er älter als 1000 Jahre ist. Irgendwie ist das paradox. Die Bevölkerung selbst weiß nichts über den Weg, keiner hat auch nur die blasseste Ahnung, daß man von hier über Wald- und Wiesenwege auf ausgeschilderten Wegen bis Rom gehen kann.

Nächstes Wochenende geht es weiter ab Brockel bis Soltau.


6 Brockel bis Neuenkirchen

Die Strecke war auch heute spärlich ausgeschildert, oder fast gar nicht? Naja, jedenfalls haben wir
einen Pfeil als Richtungswegweiser angebracht. Eigentlich schade, denn so ist ein Pilger gänzlich auf ein gps-Gerät angewiesen, aber dann ist es kein Pilgerweg.  Zu einem gps-Gerät oder auch Smartphone gehört zwangsläufig ein Internetzugang dazu, um den track laden zu können. Schade, daß nur Leute mit Geld sich diesen Weg leisten können.

Natürlich braucht man dann auch die entsprechenden Kenntnisse, um das Gerät bedienen zu können, denn routingfähig ist die Strecke nicht, uns gefällt das natürlich hervorragend.

Trotz Navi haben wir uns verlaufen, weil wir die Routingfunktion vom Gerät eingestellt hatten. Aber der Weg führt über eine Pferdekoppel, das kann ein Computer natürlich nicht wissen und führte uns über die Landstraße. Glücklicherweise hatten wir den Fehler rechtzeitig gemerkt und die Navigation abgestellt. Den hier im blog hochgeladenen Track mußte ich deshalb nachträglich bearbeiten. Bei der Pferdekoppel waren wir durch den Irrtum und die fehlenden Wegweiser so verunsichert, daß wir überall einen Weg gesucht haben - vergeblich - denn es ging tatächlich am Rand der Koppel entlang und am
anderen Ende der Koppel wieder hinaus.

Du "Alte Socke" so wird man hier angeredet, wenn man endlich 25 Jahre alt geworden ist. Nachbarn, Freunde, Verwandte machen das für jedermann sichtbar, indem vor dem Haus jede Menge alter Socken aufgehängt werden. Natürlich wird das ausgiebig gefeiert.


 Heute hatten wir mal richtig schönes Wetter, die Sonne schien uns ins Gesicht, wir konnten die Jacken ausziehen und tatsächlich jede Menge Fotos machen. Zu Anfang unserer Tagesetappe wechselten sich noch Teerstraße und Sandweg ab, aber dafür entschädigten uns die überall aufspringenden Knospen an den Büschen - jetzt weiß ich endlich, warum auf englisch der Frühling "spring" heißt. Die Knospen springen auf, die Blümchen hüpfen aus dem Boden, überall beginnt es zu blühen

Unterwegs begleiteten uns Buschwindröschen, Huflattich, Osterglocken - alles wild in freier Natur.

 Im Heidekreis mussten wir noch ein kurzes Stück auf der Landstraße - hier hat uns übrigens auch das Navi geärgert und wollte uns geradeaus auf kürzestem Weg nach Neuenkirchen bringen. Aber die gepflasterten Wege konnten wir schon bald endgültig verlassen.

 Ab jetzt hatten wir nur noch Wald- und Wiesenwege - welch eine Gnade für unsere Füße!


Die kleinen Dörfer Bellen, Rosebruch und Moordorf unterwegs sind zwar hübsch, aber leider fehlt uns der Kaffee. Es gibt unterwegs keine Einkehrmöglichkeit und wir sind froh über die Holzstapel am Wegesrand für unser Picknick. 

Mal sehen, ob es morgen so märchenhaft weiter geht.


7 Neuenkirchen bis Soltau 11 km

 Heute morgen auf der Etappe war es noch etwas kühl, aber dann kam die Sonne durch. Auf weichen Sandwegen ging es bis nach Soltau, nur die ersten und letzten Kilometer waren Teerstraße. Die schnurgeraden Wege sind allerdings etwas ermüdend, aber dieses mal macht der Weg keinen einzigen Umweg. Wenn die Heide blüht, muss der Anblick traumhaft sein, aber auch so hatten wir einen schönen Vormittag.

Allerdings ist hier die Via Romea denkbar schlecht ausgeschildert, oder besser gesagt gar nicht ausgeschildert. Nur mit Navigationsgerät geht man auf der beschriebenen Strecke. Auch ist der Weg sonst eher eine touristische Angelegenheit. Es ist schon auffällig, daß der Weg nicht von der Bevölkerung initiiert wurde sondern eine behördliche Angelegenheit ist.

Erst in Soltau treffen wir wieder auf Hinweisschilder, aber dafür reichlich davon.
Hier kreuzen wir den Heideweg, der eigentlich ein Jakobsweg sein wollte, sich aber nun durch die Lüneburger Heide kringelt und somit genauso wenig ein Pilgerweg ist, denn Pilger wollten ankommen, nicht besichtigen oder Seightseeingtouren machen.

Übrigens: Pilger waren Leute aus fremden Ländern, die weder Sprache oder Kulturkenntnisse hatten, sie bewegten sich aus eigener Muskelkraft vorwärts und versuchten, eine lange Strecke zu bewältigen, ohne dabei finanziell zu Grunde zu gehen. Diese Punkte wurden an dieser Strecke leider noch nicht alle umgesetzt. Aber wir wissen auch, ein Pilgerweg muss begangen werden, damit er beginnt zu leben. Dadurch entwickelt sich eine Eigendynamik, wenn die Initiatoren die oben genannten Eckdaten berücksichtigt haben.

8 Soltau über Wietzendorf bis Klein Amerika

Am Samstag morgen um 6:15 das Haus zu verlassen ist für mich wirklich nicht einfach und so kam es, daß die Straßenbahn mir direkt vor der Nase davon fuhr. Ich hatte mir glücklicherweise genügend Karenzzeit in den Rucksack gepackt um zur nächsten Haltestelle zu laufen und dort in eine andere Straßenbahn einzusteigen, die 10 Minuten später fuhr. Also habe ich meinen Zug Richtung Hamburg um 06:59 tatsächlich noch bekommen. Am Bahnsteig fiel mir gleich jemand mit einer ziemlich großen Gitarrentasche auf, jedenfalls war die Tasche größer als meine Gitarrentasche, die seit Jahren in irgendwelche Ecken gequetscht wird und dort nur zum Aufräumen wieder rauskommt. Weil die Bundesbahn zu dusselig ist, mir eine vernünftige Verbindung zwischen Bremen und Soltau anzubieten, bin ich so zu einem Gespräch gekommen mit einem Musiker, der gerade vom Jazzfastival kam, welches dieses Wochenende in Bremen zuende ging. Da ich mich weder in der Film- noch Musikszene auskenne sagte mir der Name Alan Harris gar nichts, der sich mir höflich vorstellte. Intelligente Menschen merken schnell, daß sie sich mit mir nicht über Musik unterhalten können - wie gut, daß ich verschwiegen habe, daß meine Gitarre seit Jahren voll staubt, das ist schon peinlich - und so kamen wir auf das Thema Wandern und dann auf
Colorado, wo man weite Outdoor-Strecken idealerweise mit dem Pferd zurücklegt. Das hörte sich schon interessanter an, dummerweise sind meine Englischkenntnisse nicht so umfangreich, schon gar nicht so früh morgens, sonst hätte ich bestimmt mehr von unseren Weitwanderwegen erzählt. Wir haben uns sogar mit Händedruck verabschiedet und das ist schon selten nach einer 20minütigen Zugfahrt. Damit hat sich der Umweg über Buchholz allemal gelohnt und beim Umsteigen in den anderen Zug kam auch Tina, so ging es erstmal per Bahn weiter bis Soltau.




Die Tagesetappe starteten wir zuerst in einem kleinen Café und gut gestärkt zogen wir Richtung Rom. Bald trafen wir wieder auf den Heideweg, nicht zu verwechseln mit dem Heidschnuckenweg. Beide Wege begleiten die Via Romea in regelmäßigen Abständen. Über weite Strecken ging es über Wald- und Wiesenwege. Diese Strecke hat uns richtig gut gefallen, aber ohne mein Navi hätten wir den Weg nie gefunden.  Auf dieser Strecke gibt es längst nicht soviele Umwege, wie auf den bisherigen Etappen. Die Richtwege durch die Heide kürzen einiges an Kurven ab und so waren wir am frühen Nachmittag schon in Wietzendorf.

Dort konnten wir beim Bäcker im Gebäude vom Supermarkt Kaffee und Kuchen genießen, der Zeitpunkt war perfekt, denn es begann zu hageln. Tina hat für Hagel eine hübsche Beschreibung gefunden - sie nennt die kleinen Körnchen gefriergetrockneten Regen.



Insgesamt war die Etappe für uns super, obwohl wir abends kein Essen hatten und der Supermarkt für uns 4 Kilometer Umweg war. Wie gut, daß Tina für das Abendessen noch Kraftbrot hatte, welches sie seit einigen Monaten in regelmäßigen Abständen selber backt. Damit steht für uns fest: Ab jetzt kommt Kraftbrot und ein Stück Käse in den Rucksack, Wein und Getränke kann man überall nachkaufen, gutes Essen eher selten.
In Wietzendorf kamen wir auch fast an einer Jakobigemeinde vorbei, es gibt eine Galerie am Jakobsweg, der gar kein Jakobsweg ist, sondern nach Rom geht - der Heideweg hat die Qualitätskriterien eines Jakobsweges noch nicht ganz erfüllt (man muß auf der kurzen Strecke Heideweg viel zu viel Geld ausgeben, damit steht dieser nur gutverdienenden Menschen zur Verfügung, welches ein Ausschlußkriterium ist).

Hinter Wietzendorf ging es noch vier Kilometer Richtung Klein Amerika, der Wegweiser Richtung Miltankstelle fiel uns schon sehr rechtzeitig auf. Leider sind wir ihm nicht gefolgt, denn wir konnten nicht ahnen, daß die Miltankstelle in unmittelbarer Nähe unserer kleinen Pension liegt, denn die Miltankstelle, unsere Pension mit dem Fellladen und wenn es hoch kommt noch zwei Bauernhöfe - das ist Klein Amerika. Schon lustig, daß mein Tag mit einem Amerikaner anfing und mit einem Dorf Amerika aufhört. Glücklicherweise spricht man in Klein Amerika deutsch und so brauchte ich keine Englischkenntnisse mehr ausbuddeln.


9 Klein Amerika über Bergen bis Huxahl 24 km

Heute hatte kann ich nicht mit einer bekannten Begegnung punkten, dafür war der Weg umso lustiger. Die Miltankstelle in Klein Amerika haben wir nochmal genau angeschaut - das ist mal wirklich eine gute Idee, diese könnte Schule machen. Leider konnten wir den Zapfhahn nicht ausprobieren, uns fehlte die Milchflasche.





Kurz hinter Becklingen fanden wir einen Wegweiser nach Klein Berlin, hier ist wirklich alles klein und international. Die Dörfer sind noch richtig ursprünglich und gemütlich. Die alten Fachwerkhäuser sehen richtig gut aus, die Wege sind größtenteils nicht asphaltiert. Allerdings haben wir den Weg heute auch etwas abgekürzt, dort wo die Strecke offensichtlich nicht an der alten Bahnlinie ausgeschildert werden durfte und einen Schlenker machte, sind wir einfach weiter geradeaus gelaufen und konnten so insgesamt einen Kilometer sparen.

Wir fanden hier sogar einen Wegweiser zu einer "echten" Pilgerherberge vom Jakobsweg irgendwo zwischen Klein Berlin und Bergen.


Als wir im Café in Bergen saßen, kam wieder gefriergetrockneter Regen vom Himmel, welch ein Glück, daß wir ein Dach über dem Kopf hatten. Hier fanden wir auch die beste Kaffeemaschine, die ich jemals gesehen habe.
Das Waldklassenzimmer war auch total klasse, hier hätte ich auch gerne als Kind gelernt, etwa 2 Kilometer vor Huxahl, genaueres sieht man auf dem gpx-Track, den ich allerdings noch auswerten muss.

Als wir in Huxahl ankamen, fuhr gerade Rüdiger um die Ecke, der uns dort abholte. In 14 Tagen geht unsere Tour weiter Richtung Celle.

10 Huxahl - Scheuen - Sülze bis Celle 20 km

 Wir starteten diese Etappe in Huxahl und uns erwartete herrlicher Sonnenschein, wunderschöne Sandwege durch die Lüneburger Heide und mal wieder eine nicht ausgeschilderte Via Romea.

Dafür war der E1 und der Heideweg umso besser ausgeschildert, denn wir kreuzten immer wieder den einen oder anderen Weg. 


 Als wir endlich in Scheuen ankamen, waren unsere Füße platt und wir suchten nach einer Bushaltestelle. Glücklicherweise hat uns jemand bis nach Celle mitgenommen und direkt bei der Jugendherberge abgesetzt. So konnten wir ca. 7 km "schummeln".  Bei der Tankstelle in Scheuen konnten wir sogar noch Kaffee und Kekse bekommen, so war der erste Tag des langen Wochenendes gerettet.
 Celle hat uns natürlich begeistert wegen der vielen schönen Fachwerkhäuser, die liebevoll restauriert wurden.